Die STAR TREK Physik: Warum die Enterprise nur 158 Kilo wiegt und andere galaktische Erkenntnisse

19.01.2017 // Carl-Fuhlrott-Gymnasium // Wuppertal

Captain Kirk und die Sternengucker

Warum trifft sich der Marketing-Club Bergisch Land in einer Schule? Warum ist ein Physikprofessor dort Referent? Wieso wiegt das Raumschiff Enterprise nur 158 Kilogramm? Und wie passt das alles zusammen?

Die mehr als 60 Mitglieder und Gäste, die am 19. Januar ins Carl-Fuhlrott-Gymnasium (CFG) auf die Wuppertaler Südhöhen gekommen waren, erlebten gleich beim ersten Treffen des Marketing-Clubs Bergisch Land im neuen Jahr ein Highlight.

Und Jochen Stiebel, kurz zuvor auf der Mitgliederversammlung als neues Mitglied in den Club-Vorstand gewählt und zukünftig verantwortlich für das Programm der Vortragsreihe, erklärte die Zusammenhänge. Zum einen nämlich zeige der Vortrag ""Die Star Trek-Physik"" von Prof. Metin Tolan auch den Marketing-Spezialisten, wie man ein komplexes Thema anschaulich machen kann. Zum anderen hätten die Teilnehmer im Anschluss die Möglichkeit, unter anderem in der schuleigenen Sternwarte selbst einen Blick in die unendlichen Weiten des Weltalls zu werfen.

Denn das CFG, so Gastgeber Reinold Mertens, seit sechs Monaten Leiter der Schule mit 1.500 Schülern, sei wegen seines Fremdsprachenangebots nicht nur als Europaschule, sondern auch als MINT-Schule zertifiziert. Das Gymnasium lege also großen Wert auf die Lehre in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Dazu gehörten eben auch die Astronomie und Astrophysik.

Warp-Antrieb und das Unwissen über das Nichtwissen

Metin Tolan ist Professor für Experimentelle Physik an der TU Dortmund. Der erklärte Star Trek-Fan nutzt die Kultserie und deren physikalische "Fehler", um anhand derer sein Fachgebiet nicht nur seinen Studenten, sondern auch Laien zu erläutern und näherzubringen. So sei es verwunderlich, dass die Crew des Raumschiffs fortwährend auf Planeten träfe – viele von ihnen als "Klasse M" vermutlich sogar erdähnlich. Dabei sei der erste Planet außerhalb unseres Sonnensystems erst 1995 entdeckt worden. "Das liegt leider an den riesigen Entfernungen und der Größe des Weltalls", so Tolan. Der nächste Nachbarstern der Sonne, Proxima Centauri, sei vier Lichtjahre entfernt – umgerechnet also 40 Billionen Kilometer. Und viele der bis heute entdeckten rund 3000 Planeten ließen sich nur indirekt mithilfe des Lichts nachweisen. Der möglicherweise erdähnliche Planet Kepler-452b liegt gar 1400 Lichtjahre entfernt. Wie aber lassen sich solche Entfernungen überbrücken? Selbst bei einem Impulsantrieb, der eine Geschwindigkeit nahe der des Lichts erlaubte, dauere die Reise zum Nachbarstern vier Tage – bei ihrer Rückkehr wären die Astronauten aber acht Jahre jünger. Mit diesem Raum-/Zeitproblem hätte man zum Kepler-452b zu Zeiten der Gründung Roms starten müssen – man stelle sich den Schrecken der Besatzung bei der Wiederankunft vor. Die Lösung für die Enterprise-Crew: der Warp-Antrieb. Er würde den Raum zwischen Start und Ziel verkleinern – allerdings wäre dafür die Energie nötig, die dem 20-fachen der Energie unserer Sonne entspräche.

Und wie kam der Professor auf das Gewicht der Enterprise? In einer Folge müssen zwei Fähren das Raumschiff abschleppen, jeweils mit einer Kraft von 2500 Kilodyne (einer veralteten Maßeinheit). Anhand der gewonnenen Geschwindigkeit der Enterprise, die im Dialog genannt wird, konnte Tolan das tatsächliche Gewicht mathematisch berechnen: "Die Enterprise wiegt 158 Kilogramm – einschließlich Besatzung …"

Was die Entdeckung fremden Lebens im Weltraum angeht, ist Tolan zuversichtlich: Immerhin strahlen unsere Funkwellen erst seit rund 100 Jahren in die Ferne – weit sind sie also noch nicht gekommen. Und was die Naturgesetze betrifft: "Wir wissen, was wir wissen. Wir wissen auch, dass wir Dinge nicht wissen. Es gibt aber vielleicht Dinge, von denen wir nicht einmal wissen, dass wir sie nicht wissen", so Tolan frei nach Donald Rumsfeld.

Fragen gab es nach diesem Feuerwerk aus Einstein und Newton, Relativitätstheorie und Zwillingsparadoxon nicht – womit sich Jochen Stiebels anfängliche Vermutung, dass Marketingler meist wenig physikaffin seien, bestätigte.

Club-Präsident Erich Giese zeigte sich ebenso beeindruckt von Tolans Vortrag wie das Auditorium und überreichte dem Professor zum Dank für seinen interessanten, so lehrreichen wie amüsanten Vortrag ein Geschenk aus den Talwaren.

Vom Keller bis aufs Dach

Im Anschluss gab es für alle eine Führung durch das Schulgebäude, wo an verschiedenen Stationen Schülerinnen und Schüler ihre beeindruckenden Projekte zur Physik und Astronomie vorstellten. Im Keller warfen die Marketing-Clubler im selbst gebauten Planetarium einen Blick auf den Sternenhimmel. Im angrenzenden Raum zeigte Physiklehr Michael Winkhaus frühere Arbeiten von Schülerinnen und Schülern, die mit Preisen und Urkunden überhäuft wurden – bis hin zum Gewinn beim Bundeswettbewerb "Jugend forscht".

Höhepunkt war der Besuch der Sternwarte auf dem Dach des Schulgebäudes. Dort wartete Bernd Koch, Diplomphysiker und gemeinsam mit Winkhaus Leiter des Schülerlabors Sternwarte, in klirrender Kälte, aber bei klarstem Himmel, erklärte die sechs Teleskop-Anlagen und präsentierte das erst im September letzten Jahres installierte neue Teleskop. Selbstverständlich durften die Besucher einen Blick hindurch werfen – auf den Orionnebel im Sternbild Orion.

Fazit eines langen, aber rundum gelungenen Abends, bei dem so gar nichts zu passen schien und doch alles passte und der so unterhaltsam wie lehrreich war: Man möchte noch einmal Schüler sein – am liebsten am Carl-Fuhlrott-Gymnasium.

Referent(en)

Prof. Dr. Metin Tolan: Professor für Experimentelle Physik, TU Dortmund.